Nicolas Neubauer

Hier finden Sie persönliche Eindrücke und Nachrichten unseres Kandidaten Nicolas Neubauer, der sich für ein Praktikum in Uganda entschieden hat.


7. September 2018 (vor der Ausreise)

"Ich bin froh, wenn es endlich losgeht!"

In gut einer Woche startet mein Flug Richtung Uganda. Klar, ein bisschen aufgeregt ist man da natürlich schon, aber ich bin wirklich froh, wenn es endlich losgeht. Die Vorbereitung, das Visum, die vielen Impfungen und die sonstigen organisatorischen Angelegenheiten haben recht viel Zeit und auch Nerven gekostet. Jetzt ist das Wesentliche abgeschlossen, ich fühle mich bereit für den Start und bin motiviert loszufliegen.
In Uganda werde ich für gut fünf Monate im Bereich der Entwicklungszusammenarbeit tätig sein. In einem Team aus internationalen und lokalen Ingenieuren werde ich mich mit regenerativen Energielösungen beschäftigen. Dabei werden wir Lösungen für die lokalen Gegebenheiten entwickeln und uns unter anderem mit Biogas-, Solar- und Windkraftanlagen auseinandersetzen.
In den letzten Wochen habe ich immer wieder Zeit gefunden über die mir bevorstehenden Monate nachzudenken. So haben sich unterschiedliche Erwartungen ergeben, die ich jetzt kurz vor meiner Ausreise erläutern will. Ich hoffe auf einige spannende persönliche Erfahrungen und dabei Antworten auf unterschiedlichste Fragen zu finden, die ich mir schon länger stelle. Wie ist es, so lange im Ausland zu leben? Wie finde ich Anschluss, welche Beziehungen und Kontakte entstehen? Zum ersten Mal werde ich die in meinem Ingenieur-Studium erlernten Erkenntnisse praktisch umsetzen können und sehen, was es überhaupt bedeutet, als Ingenieur zu arbeiten.

Mein Grundgedanke ist es „mit offenen Ohren“ unterwegs zu sein. Im Vorfeld habe ich mich beispielsweise mit den Früchten und Gefahren von sogenannter Entwicklungshilfe auseinandergesetzt. Ich will mir die Sichtweisen und Lösungsansätze der Menschen vor Ort anhören und respektieren und mich selbst intensiv hinterfragen. Auch beim Thema Rassismus will ich ein ganz genaues Auge auf die Unterschiede zwischen meiner europäisch geprägten Sichtweise und den Ansichten der Betroffenen legen.
Ich danke für jegliche Unterstützung, sei es im Gebet oder auf finanziellem Weg! Ein kleines Update wird es dann während meines Aufenthaltes über diesen Blog geben.


Mit besten Grüßen,
Nico


Mitte Oktober 2018 (in Uganda)

Let’s go to Uganda – mein Praxissemester an der Ndejje University

Vielen Dank, dass Du dir Zeit nimmst und meinen Rundbrief lesen willst! Im Folgendem will ich Dir einige von meinen Eindrücken hier mitgeben, erzählen wie es mir geht und berichten, was ich sonst noch so erlebe. Es freut mich sehr, dass z. B. meine Eltern immer wieder gefragt werden, wie es mir geht, und dass ich auch viele Nachrichten von Freunden erhalte, die sich nach mir erkundigen! Da ich aber gar nicht so einfach auf alles eingehen kann, bitte ich Dich um Nachsicht und will jetzt hier etwas ausführlicher berichten.
Dieses Auslandspraktikum habe ich durch die Unterstützung des christlichen Werks „Gottes Liebe weltweit“ gefunden. Hier möchte ich noch kurz darauf hinweisen, dass mir auf dem Flyer ein kleiner Fehler unterlaufen ist. Ich bin in Uganda mit dem Teilwerk „Hilfe für Brüder/ChanceMent“ und nicht mit „Christliche Fachkräfte International (CFI)“ unterwegs. Das Ziel von ChanceMent besteht darin, Studenten Auslandspraktika zu vermitteln, wobei CFI im Rahmen der vom Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) koordinierten Entwicklungszusammenarbeit Fachkräfte mehrjährig ins Ausland schickt.

Mein Arbeitsalltag an der Ndejje

Wie ihr schon wisst, absolviere ich gerade mein praktisches Studiensemester in Uganda an der Ndejje University. An der Ndejje gehöre ich dem so genanntem „Energy Research and Development Center (ERDC)“ an und darf dort zusammen mit einem CFI-Ingenieur arbeiten. Anfang Oktober hat eine neue Kollegin aus Kenia bei uns angefangen, die für zwei Monate ebenfalls ein Praktikum hier absolviert. Ab November werden noch drei weitere Praktikanten aus den Niederlanden und eine Ägypterin das Team ergänzen.
Meine primäre Aufgabe besteht aktuell darin, eine Biogasanlage zu bauen. Von der Biogasanlage soll die lokale Bevölkerung profitieren, und daher wird diese auf dem Grundstück eines kleinen Bauernhofes in der Nähe der Universität errichtet. Gespeist wird die Anlage von mehreren Schweinchen. Das ist die zweite Biogasanlage, die die Universität baut, und ich soll eine alternative Konstruktion mit einem flexiblen ballonförmigen Reaktionsbehälter testen. Falls dazu weiteres Interesse besteht, kann ich Dir auf Anfrage gerne den entsprechenden Bericht zukommen lassen.
Das Kernprojekt des ERDC ist der dazu gehörige „Brikett Workshop“. In Uganda wird Kochenergie primär (>90%) aus Holz und Holzkohle gewonnen, welche dann in kleinen, unzureichend isolierten Öfen verbrannt wird. Brennholz birgt durch die stark rauchende Verbrennung ein nicht zu vernachlässigendes Gesundheitsrisiko, vor allem für Kinder. Außerdem belastet die Abholzung die lokalen Wälder. Eine attraktive Alternative stellen Brikettes dar. Diese können aus biologischem Abfall und Holzkohlestaub gefertigt werden und verbrennen fast ohne Rauch. An der Ndejje werden solche Brikettes schon lange hergestellt. Voraussichtlich darf ich mich zukünftig mit diesem Prozess und den benötigten Materialien näher auseinandersetzen. Aktuell besteht aber noch nicht das Gefühl, dass der neue Brennstoff von der breiten Bevölkerung akzeptiert und genutzt wird. Auch die Verbreitung von thermisch isolierten Brennöfen läuft, aufgrund der etwas höheren Investitionskosten, nur schleppend voran. Dieser Herausforderung tritt das ugandische Ministerium für Energie, die deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) und die niederländische Botschaft mit einer neuen Kampagne unter dem Motto „Kyuusa Enfumbayo“ (ungefähr: Ändere deine Art zu Kochen) entgegen.

Ich finde hier immer wieder kleine Projekte, die ich gerne umsetzen würde, merke aber schon jetzt, dass es gut ist den Fokus beizubehalten. Ich freue mich daher umso mehr, dass ich hier noch einige Monate unterwegs sein darf, und dass wir noch viel personelle Unterstützung bekommen werden. Wir werden also eine ziemlich große Gruppe an Praktikanten sein, was ein deutlicher Sprung nach oben ist.
Hier an der Universität werden in mehreren Studiengängen Ingenieure ausgebildet. All diese Absolventen verfügen bestimmt über die besseren Fähigkeiten, um lokal passende Lösungen zu kreieren und diese dann umzusetzen. Aber ich finde es schade, dass die Abschlussarbeiten hier, so wirkt es auf mich, oft etwas realitätsfremd sind. Der Anwendungsbezug fehlt ein bisschen. Ich probiere mir bei den Studenten bestmöglich Unterstützung zu holen, um Lösungen zusammen erarbeiten zu können. So hoffe ich, dass beide Parteien voneinander lernen und wir uns gemeinsam entwickeln können. Bis jetzt habe ich noch keine Vorlesung an der Uni besucht, habe mir aber vorgenommen, eine Vorlesung über regenerative Energien zu besuchen, einfach um mal einen Einblick zu erhalten.

Mein Leben in Ndejje

Ich lebe auf einem Grundstück der Universität im Nachbardorf Kisooba, zusammen mit meinem Chef und einem Gastprofessor aus Ruanda. Auf dem Grundstück sind noch einige andere Angestellte der Uni untergerbacht, darunter ein weiterer „CFI“-ler mit Familie und ein deutsches Ehepaar. Nach der Arbeit war ich in den letzten Wochen meistens ziemlich geschafft, und da es auch zügig um 18 Uhr dunkel wird, bin ich oft mit meinem Buch ziemlich früh im Bett gelandet. Ab und zu findet sich hier auf dem Grundstück eine Gruppe, um Sport zu machen oder um eine Runde Karten zu spielen. Als kleinen Ausgleich zur Arbeit und als Abendbeschäftigung werde ich jetzt das Handballtraining der Universität besuchen. Die Jungs hier spielen ziemlich gut und ich probiere mein lang geschontes Handballherz wieder ein bisschen aufleben zu lassen. Aber Handball auf dem Betonplatz und im Regen ist etwas Neues, und ich freue mich das kennenlernen zu dürfen.

Eine neue Kultur entdecken

Wenn ich hier durch die Dörfer laufe, bin ich immer wieder überrascht, begeistert oder irritiert. Vieles für mich ist neu! Mein erstes Erlebnis waren die Straßen. Abschnittsweise gibt es hier schicke Schnellstraßen, aber meistens sind es dann doch eher die gewalzten Sandstraßen, deren Qualität vom Regen schnell reduziert wird.

Ich werde hier oft mit der Tatsache konfrontiert, dass der Euro eine deutlich zahlungsstärkere Währung ist. Vieles ist vor Ort vergleichsweise sehr billig. Oft sind die Preise, die von mir verlangt werden, aber deutlich über dem Durchschnitt, und es ist dann Verhandlungsfähigkeit gefragt wobei ich noch etwas Verbesserungspotential habe. Da die Menschen hier wissen, dass Ausländer meistens etwas mehr Geld übrighaben, werde ich nahezu täglich nach finanzieller Unterstützung gefragt. Das ist neu für mich, und ich bin immer wieder von der Situation überfordert.
Unterwegs bin ich viel zu Fuß, aber auch oft mit dem „Bodaboda“ unterwegs, eine Art Motoradtaxi, das einen recht billig von A nach B bringt. Ich habe aber die eine oder andere Fahrt gebraucht, um mich an den Fahrstil und das Fahrgefühl zu gewöhnen.
Ich bin wirklich froh hier vor Ort sein zu dürfen! Die Erfahrungen hier wollte ich nicht missen. Es begeistert mich, Unterschiede und Gemeinsamkeiten zu finden, mich mit den Menschen hier darüber zu unterhalten, Fragen zu stellen und Antworten zu formulieren. Mir ist es möglich, mich selbst kennen zu lernen, neue Beziehungen zu knüpfen, ein neues Land zu erkunden und dessen Kultur zu entdecken. Ich empfinde es als Geschenk hier sein zu dürfen, Erfahrungen zu machen und ich will dieses Geschenk schätzen.

Danke!

Danke, dass ihr „mit dabei seid“! Danke für eure Unterstützung, sei es über eine Spende, durch organisatorische Hilfe. Darüber freue mich auch weiterhin und falls ihr mich in Zukunft finanziell unterstützen wollt, könnt ihr das unter „Betterplace.org“ tun (Es gibt hier sogar Spendenquittungen!). Hier der Link.

 

Viel wichtiger ist mir aber eure seelische / geistige Unterstützung. Je nachdem, ob ihr gerne betet oder euch das „Daumen drücken“ lieber ist, für Folgendes bin ich dankbar:

  • Ich bin gut hier in Uganda angekommen und durfte schon erste Beziehungen knüpfen
  • Finanzielle und organisatorische Unterstützung durch Bekannte, Freunde und meine Familie
  • Vertrauen meines Anleiters in mich -> Projektverantwortung

Hier sehe ich Herausforderungen:

  • Umgang mit Finanzen und vor allem mit den Anfragen nach finanzieller Unterstützung
  • Offenes Herz für die Menschen hier
  • Geduld mit mir selbst im Bezug auf die neue Kultur
  • Bewahrung beim Sport & den ganzen Auto- und Bodaboda-Fahrten

Mit bestem Gruß, Nico